Die NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte setzt die Vorliebe der deutschen Marke für Jubiläumsfeiern fort. In einem markanten quadratischen Gehäuse untergebracht, in vier Zifferblattfarben erhältlich und mit einem schlanken Automatikwerk ausgestattet, hat dieses Modell viel zu bieten. Angus Davies probiert die Vorzüge der einzelnen Zifferblattvarianten aus.
Im Jahr 1845 zog Ferdinand Adolph Lange, ein begabter Uhrmacher, nach Glashütte in Sachsen und eröffnete dort seine eigene Manufaktur. Die Gründung der Manufaktur in dem kleinen Ort im Erzgebirge wurde ihm finanziell unter der Bedingung ermöglicht, dass er 15 Lehrlinge einstellte. Rund 175 Jahre später ist Glashütte zum Epizentrum der deutschen Uhrmacherei geworden und beherbergt eine Vielzahl von Marken, darunter auch NOMOS Glashütte.
Im Vergleich zu manchen Luxusmarken ist NOMOS Glashütte relativ jung. Gegründet wurde sie im Januar 1990, nur wenige Monate nach dem Fall der Berliner Mauer. Doch trotz der vergleichsweise jungen Zeit hat NOMOS immer wieder seine uhrmacherische Kompetenz unter Beweis gestellt. So wurde 2005 das erste hauseigene Uhrwerk produziert und, was vielleicht noch bemerkenswerter ist, 2014 ein eigenes “Swing-System” (Hemmung und Regulierorgan). Heute ist die deutsche Marke ein fester Bestandteil der Glashütter Uhrenszene.
Im Jahr 2020 feierte die Uhrmacher-Enklave Glashütte ihr 175-jähriges Bestehen, und um ehrlich zu sein, die Feierlichkeiten haben nicht aufgehört. NOMOS hat diesen Meilenstein mit Partyknallern und Luftschlangen gefeiert und die Modelle Ludwig und Lambda in limitierter Auflage produziert. Kürzlich brachte die Uhrenfirma die NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte heraus, eine Weiterentwicklung der beliebten quadratischen Uhr. Ich könnte darauf hinweisen, dass es in der Stadt nun 177 Jahre Uhrmacherei gibt, aber das wäre ein bisschen pedantisch.
Mutig
Zwei Jahre nach der Gründung brachte NOMOS seine erste Modellreihe auf den Markt, darunter die Orion, Tangente, Ludwig und Tetra. Jedes Modell war in einem runden Gehäuse untergebracht, mit Ausnahme der Tetra in quadratischer Form. Die Einführung dieses Zeitmessers war ein gewagter Schritt, zumal die Marke damals noch in den Kinderschuhen steckte, da runde Uhren immer am beliebtesten waren. Dennoch folgte das deutsche Unternehmen seinem Bauchgefühl, und rund 30 Jahre später hat sich diese Entscheidung als richtig erwiesen: Legionen von potenziellen Tetra-Besitzern sind dem Charme des Modells erlegen.
Interessanterweise bricht die NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte einmal mehr mit Konventionen. Während viele ihrer Geschwister in schlichten Zifferblattfarben daherkommen, präsentiert sich diese limitierte Auflage in glänzendem Emaille mit einer Auswahl an überbordenden Farbtönen. Einmal mehr geht die deutsche Marke nicht auf Nummer sicher, sondern zeigt ihren Mut zum Kommerz.
Praktische Anwendung
Gelegentlich schicken Uhrenmarken ein Muster ihres neuesten Angebots für eine einwöchige Testphase, aber nur wenige Unternehmen schicken ein Exemplar jeder Variante. NOMOS, das offensichtlich beeindrucken wollte, schickte vier schön verpackte Uhren in mein Büro, die als verlockender Auftakt für mehrere Tage stilvollen Tragens dienten.
Das Zifferblatt
Die NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte wird in vier Zifferblattvarianten angeboten: Off-White”, Schwarz, Blau und Rot. Jede Farbe ist mit einem glänzenden Emaille-Finish versehen, das unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Auf einer gleitenden Skala ist Schwarz wahrscheinlich die konventionellste Option, während Rot jedes Mal, wenn es einen Raum betritt, ein “Hallo” ruft. Die blaue und die rote Farbe des Zifferblatts sprechen am ehesten diejenigen an, die Mittelmäßigkeit meiden und Nonkonformität von ganzem Herzen befürworten.
Die Stunden- und Minutenzeiger sind äußerst schlank und vergleichsweise unauffällig. Die rhodinierte Oberfläche schimmert jedoch bei der geringsten Andeutung von Licht. Die ungeraden Stunden werden mit einem Stab angezeigt, während die geraden Stunden mit arabischen Ziffern dargestellt werden. Das Schriftbild der Ziffern strotzt vor Bauhaus-Effizienz und schlichtem Charme.
Eine Minuterie umgibt das Zifferblatt und ist mit zweistelligen Markierungen in 5-Minuten-Abständen versehen. Alles ist äußerst logisch und auf optimale Verständlichkeit ausgelegt. Eine runde, vertiefte kleine Sekundenanzeige befindet sich bei 6 Uhr. Dieses Spiel mit der Tiefe erhöht die Attraktivität des Ausblicks noch weiter. Das schwarze und das weiße Zifferblatt sind mit einem roten Sekundenzeiger ausgestattet, während das blaue und das rote Zifferblatt mit einem silberfarbenen Sekundenzeiger versehen sind. Am unteren Rand des Zifferblatts steht der Schriftzug “Made in Germany”, ein Synonym für Qualität.
Der Fall
Das Gehäuse ist aus Edelstahl und misst 33 x 33 mm. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern mit Handaufzug ist die NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte deutlich größer. Als ich mir die Uhr an den Arm hängte, zeigte sie viel Präsenz am Handgelenk, ohne dabei sperrig zu wirken.
Die Uhr hat ein schlankes Profil, misst nur 7,3 mm in der Höhe und lässt sich problemlos unter einer sartorisch prächtigen Hemdmanschette tanzen. Der Grund für den schlanken Körper des Modells liegt in seinem ultraflachen Automatikwerk, dem Kaliber DUW 3001, das nur 3,2 mm hoch ist (ich werde später noch genauer darauf eingehen).
NOMOS ist ein Name, der an die Traditionen des Deutschen Werkbundes und der Bauhaus-Bewegung anknüpft. Die damit verbundenen Prinzipien von guter Gestaltung und Handwerkskunst sind durchgängig erkennbar. Es gibt aber auch einige Gehäuseelemente, die auf das Art déco verweisen. So sind zum Beispiel die schlanken Bandanstöße abgestuft und kantig, während die Form des Gehäuses ohne weiteres dem Art-déco-Design, auch bekannt als “style moderne”, zugeschrieben werden kann. Doch abgesehen von solchen Diskussionen steht außer Frage, dass das Gehäuse dieses Zeitmessers exquisit ist.
Das Gehäuse ist durchgehend hochglanzpoliert, bleibt aber geschmackvoll und nimmt sich gegenüber dem daneben liegenden, kühnen Zifferblatt zurück. Betrachtet man das zweiteilige Gehäuse aus der Nähe, so entdeckt man eine Fülle von subtilen Details. An den Seiten des Gehäusebandes zum Beispiel läuft die Flanke zum Gehäuseboden hin aus. Auch auf dem Gehäuseboden treffen die Facetten in der Nähe der Saphirglasscheibe und des angrenzenden bündigen Stahls zusammen. Jedes Detail ist schön durchdacht.
Jede Version der Tetra neomatik – 175 Years wird mit einem “Horween Genuine Shell Cordovan brown strap” geliefert. Interessanterweise ist das Armband trotz des bescheidenen Preises mit einer Faltschließe ausgestattet, ein Merkmal, das normalerweise nur bei teureren Uhren zu finden ist. Das Armband wertet das Gesamtensemble auf und verleiht der Uhr eine angenehme Haptik, die immer wieder zum Lächeln anregt.
Die Bewegung
2015 stellte NOMOS das Kaliber DUW 3001 vor. Die deutsche Marke bezeichnet dieses ultradünne Automatikwerk als “neomatik”, ein Name, der im oberen Bereich des Zifferblatts proklamiert wird. Mit einer Höhe von nur 3,2 mm ist das Werk kaum dicker als seine Pendants mit Handaufzug. Gerade die Schlankheit des Werks erlaubt es NOMOS, eine Reihe von schlanken, eleganten Uhren zu kreieren.
Dieses schlanke Uhrwerk geht jedoch nicht auf Kosten der Funktionalität und Zuverlässigkeit. Die klugen Köpfe in Glashütte haben den minimalen Raum, der ihnen zur Verfügung steht, mit einigen raffinierten Ideen optimiert. So hat die Marke zum Beispiel viel Aufwand betrieben, um die Effizienz des Räderwerks zu verbessern. So konnte die Triebfeder dünner gestaltet werden, was die Verwendung eines schlankeren Federhauses ermöglichte. Außerdem läuft der äußere Rand der Schwungmasse, der größte Teil des Rotors, in einem Trottoir, einem Kanal, der das Uhrwerk umgibt. Diese Liebe zum Detail hat zu einem unglaublich schlanken Uhrwerk geführt.
Gemäß der Glashütter Tradition ist das Uhrwerk mit einer Dreiviertelplatine ausgestattet. Im Gegensatz zu mehreren Brücken bietet dieser Ansatz mehr Stabilität. In ähnlicher Weise verfügt die NOMOS über eine Unruhbrücke, die an zwei Punkten befestigt ist, und nicht über einen Unruhkloben, der mit nur einer Schraube gehalten wird.
Interessant ist, dass NOMOS sein eigenes Swing-System” (Hemmung und Regulierorgan) herstellt. Das ist höchst ungewöhnlich, denn die technischen Hürden, die überwunden werden müssen, um Präzision und Zuverlässigkeit zu gewährleisten, sind enorm. Sieben Jahre hat das Unternehmen für die Entwicklung des Swing-Systems gebraucht, bevor es 2014 vorgestellt wurde. Die Toleranzen bei der Herstellung einer Spiralfeder, einem der am schwierigsten herzustellenden Bauteile, werden in Nanometern gemessen (1nm=0,000001mm). Werden solch winzige Toleranzen nicht eingehalten, führt dies unweigerlich zu Ungenauigkeiten.
Und was die Präzision betrifft, so ist das Kaliber DUW 3001 “nach Chronometernorm justiert”. Sicherlich ist die Genauigkeit dieses Uhrwerks zum Teil auf das beeindruckende “Swing-System” des Unternehmens zurückzuführen.
In puncto Qualität hat NOMOS die Veredelung der Werke nicht vergessen. Die Dreiviertelplatine und die Unruhbrücke sind mit Glashütter Riffelungen verziert, die Hauptplatine ist kreisförmig genarbt und es gibt thermisch gebläute Schrauben.
Schlussbemerkungen
Die Farbe des Zifferblatts ist eine subjektive Angelegenheit, aber meiner Meinung nach ist die cremefarbene Variante die vielseitigste. Ich mag aber auch die rote Zifferblattvariante, die einen Hauch von Extravaganz ausstrahlt. An den vier Zifferblattfarben scheiden sich zweifelsohne die Geister.
Markenliebhaber wissen bereits, dass NOMOS Uhren mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis liefert, und ich kann bestätigen, dass es bei der NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte nicht anders ist. Das 3060 Euro teure Modell besticht durch ein hauseigenes Uhrwerk, schlanke Proportionen und eine beeindruckende Verarbeitung.
Bei der Beurteilung eines Ausdrucks der Haute Horlogerie legt ein Purist großen Wert darauf, dass das Uhrwerk die gleiche Form hat wie das Gehäuse. Wie das tonneauförmige Modell Lux zeigt, ist NOMOS durchaus in der Lage, ein unrundes Werk zu liefern. Aber wenn NOMOS ein quadratisches Kaliber herstellen würde, würde das die Produktionskosten erheblich erhöhen und dieses neue Modell für viele potenzielle Träger unerschwinglich machen. Im Nachhinein betrachtet, macht der Ansatz der sächsischen Marke durchaus Sinn.
Ist die NOMOS Glashütte Tetra neomatik aufgrund ihrer Form und Zifferblattfarben ein Nischenprodukt? Nun, ich wäre versucht gewesen, das zu bejahen. Aber sie kann durchaus den stilbewussten Verbraucher ansprechen, weil sie gut aussieht. Ebenso könnte die mechanische Virtuosität die technisch Interessierten ansprechen, die den Intellekt und den Einfallsreichtum im Herzen der Uhr bewundern. Und schließlich könnte der egalitäre Ansatz bei der Preisgestaltung finanziell kluge Verbraucher ansprechen, die glauben, dass Luxus nicht unerschwinglich sein muss. Wenn man bedenkt, dass es von jeder Zifferblattvariante nur 175 Exemplare gibt, wird die Nachfrage nach diesem Nischenprodukt wahrscheinlich die begrenzten Vorräte übersteigen.
Technische Daten
- Modell: NOMOS Glashütte Tetra neomatik – 175 Jahre Uhrmacherei Glashütte
- Referenz: 421.S1 (grauweiß); 421.S2 (rot); 421.S3 (blau); 421.S4 (schwarz);
- Gehäuse: Edelstahl; Abmessungen 33 mm x 33 mm; Höhe 7,3 mm; Wasserdichtigkeit 3 ATM (30 Meter); Saphirglas auf der Vorderseite; Ausstellungsboden.
- Funktionen: Stunden; Minuten; kleine Sekunde
- Uhrwerk: Kaliber DUW 3001; Automatikwerk; 27 Lagersteine; Gangreserve bis zu 43 Stunden.
- Armband: Horween Genuine Shell Corodovan, remborde, Anstoßbreite 20mm, Faltschließe
- Preis: 3.060 € (UVP, Stand: 13.6.2022)